1. Eintrag:
Das ist halb so wild!
Bedeutung:
Beispiele:
- Dieser Fleck ist halb so wild! Mit ein wenig Wasser und Seife ist das Tuch wieder sauber
- Ist das britische "No" zur EU also halb so wild für die deutsche und die bayerische Wirtschaft?
- "Halb so wild. Das wird schon wieder", sagte Lilly beruhigend. "Soll ich dir Eis zum Kühlen holen?"
- Alles halb so wild! Du hast das doch schon mal gemacht. Freiwillig sogar! Und es war vollkommen ungefährlich
- Befinden sich weniger als hundert E-Mails im elektronischen Briefkasten, gilt: alles halb so wild
- "Halb so wild", sagte schließlich ein Polizeibeamter, "das war nur ein Fehlalarm"
Ergänzungen / Herkunft:
Im Sturm und Drang gewinnt das Eigenschaftswort erstmals positive Züge, weil es den überschwänglichen, ungebundenen und genialen Kraftmenschen bezeichnet, der sich bewusst von den gesellschaftlichen Ketten befreit. Ebenfalls ins 18. Jahrhundert gehören die "wilde Liebe" und die "wilde Ehe", die ältere Bezeichnungen wie "Kebsehe" ablösen. Ungesetzlich geht es auch im "Wilden Westen" zu, der allerdings erst im späten 19. Jahrhundert zu diesem Namen kommt.
Von seiner Grundbedeutung eignet sich "wild" vorzüglich zur Verstärkung anderer Bedeutungen. Formelhaft geworden sind die "wilde Erregung / Leidenschaft", der "wilde Ehrgeiz", das "wilde Blut" u. a. Nach dem Muster des seit 1592 belegten "wildfremd" sind sehr viele Ausdrücke gebildet worden, die meist keinen festen Platz im Wortschatz einnehmen konnten und teilweise deshalb auch mit Bindestrich geschrieben werden wie etwa wild-romantisch. Des vergleichenden "wie" bedarf es auch bei anderen Wendungen wie etwa: "wie wild arbeiten / lachen / um sich schlagen" oder sich "wie wild gebärden"
Die Formel "halb so wild" taucht erstmals im 16. Jahrhundert in Fischarts derbem Sprachexperiment "Geschichtklitterung" auf: "Ha du sauffst an Galgen, deiner neun freß ich zur Morgensupp, Ach nicht halb so wild, stundst heut gesund auff, was ist dir jetz geschehen?" Q
Johann Fischart: Affentheurlich Naupengeheurliche Geschichtklitterung, 8. Kap., 1594, S. 93b,94✗
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