1. Eintrag:
Man reicht den kleinen Finger, und er nimmt die ganze Hand; Wenn man ihm den kleinen Finger reicht, nimmt / will er gleich die ganze Hand
Bedeutung:
Beispiele:
- Wir reichen dem Herrn Hochmeister den kleinen Finger, und er scheint die ganze Hand nehmen zu wollen
- Solche Menschen nutzen die Hilfsbereitschaft aber mitunter schamlos aus, auch ohne dass sie das merken. So will man den Leuten ja gerne ein bisschen entgegenkommen, ihnen hilfreich den kleinen Finger reichen – aber die wollen immer gleich noch mehr, als man zu geben bereit ist, am besten gleich die ganze Hand, ach sogar den ganzen Arm. Und dann?
Ergänzungen / Herkunft:
Diese Redewendung über Leute, die die Hilfsbereitschaft anderer ausnutzen, trägt dem Umstand Rechnung, dass man oft schnell übervorteilt wird oder dass man sich - berechtigt oder nicht - sehr schnell so fühlt. Sie nutzt die ausgestreckte Hand als Symbol der Hilfsbereitschaft und Zusammenarbeit und lässt sich gut auf konkrete Individuen anwenden (erstes Beispiel), eignet sich aber auch für Schuldzuweisungen in Richtung ganzer Personengruppen (zweites Beispiel).
Es gibt sie in vielen Varianten, und in der Literatur werden diverse alte Sprichwörter mit verschiedenen Subjekten aufgeführt. So heißt es z. B. bei Wander (1867-1880): "Wer dem Teufel einen Finger reicht, der gibt ihm die ganze Hand" Q. In anderen Varianten ist der Teufel durch den Schelm, den Narren, die Jugend, den Bauern, Rom oder die Sünde ersetzt.
Das hinter der Redensart stehende metaphorische Bild ist schon sehr alt, so heißt es bereits 1541 bei Sebastian Franck: "Gibstu dem narren die finger, so wil er die faust gar haben" Q.
Zu "Hand" im Sinne von Handlung und Tätigkeit siehe auch "eine geschickte Hand haben", "zwei rechte Hände haben"; zu "Hand" im Sinne von Verbundenheit, Versöhnung und Zusammenarbeit siehe auch "jemandem die Hand reichen", "die linke Hand weiß nicht, was die rechte tut", "Hand in Hand"; zu Sebastian Franck siehe auch "die Flöhe husten hören"
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