1. Eintrag:
am Rad drehen
Bedeutung:
Beispiele:
1.- Ich dreh' hier noch am Rad, wenn das so weitergeht!
- Dein Sohn dreht gerade am Rad, Kleinkinder sind eben manchmal extrem schwierig - da würde ein Vater, der ein Machtwort spricht, gut tun
- Kann mir bitte jemand helfen - ich dreh hier noch am Rad!
- Ich dreh hier noch am Rad, ich finde keinen Arzt, der mir sagen kann, was ich tun soll!
- USA dreht am Rad und startet Untersuchungen gegen Nato-kritische Parteien in Europa und Russland-Versteher
- Die 16-jährige Jessica hat gerade einen Schwangerschaftstest gemacht und dreht nun völlig am Rad
- Jetzt dreht er total am Rad, dachte ich, als mich mein Freund Jens mit der Mitteilung überraschte, er könne mit einigen einfachen Handgriffen das Wetter beeinflussen
- Wer dreht am Rad der Politik? Über Zustand und Zukunft von Lobbyismus und Politikberatung
- Dennoch bewies Gaultier als Mittler zwischen den Generationen, dass er noch am Rad der Mode mitdreht
- Rapper Tyga dreht mal wieder mächtig am Rad. Am Silvestertag postete der 26-jährige Freund von Reality-Star Kylie Jenner ein Foto von sich mit einer Raubkatze und jeder Menge Bargeld in einem Privatjet
Ergänzungen / Herkunft:
Die Herkunft der Redensart ist nicht bekannt - und wie so oft, wenn man nichts Genaues weiß, schießen Spekulationen ins Kraut.
Die Bedeutungen zu 2 und 3 sind eher selten und dürften aus dem Bildfeld entstanden sein, der den Lauf der Dinge oder auch das Schicksal des Menschen selbst und seinen Lebenslauf mit einem sich drehenden Rad vergleicht. Diese Symbolik ist sehr alt. Schon der Schriftsteller Jean Paul (1763-1825) schrieb: "Der Mensch denkt, er sei das Wasser, das die Räder der Schöpfung treibt, aber er ist selber ein Rad, das getrieben wird". Wer an diesem Rad dreht, schaltet sich aktiv ein, mischt mit - und wer mitmischt, hat Einfluss, darf sich rühmen. Bedeutung 3 könnte auch einen Bezug zum Pfau aufweisen, der ein "Rad schlägt", wenn er seine Federn aufrichtet.
Die Bedeutung 1 wird vereinzelt auf das Rädern bezogen, einer grausamen, bis in die frühe Neuzeit praktizierten Todesstrafe (siehe auch "sich wie gerädert fühlen"). Wander Q zitiert die Redensart "auf dem Rade sein" mit der Bedeutung große Angst, Marter und Pein leiden, die sich aufs Rädern beziehen dürfte. Dass dies jedoch zur hier behandelten Redensart geführt hat, darf man wohl getrost ins Reich der Legenden verweisen - der zeitliche Abstand und der Bedeutungsunterschied sind einfach zu groß.
Sie dürfte durch Redensarten beeinflusst sein, die dem Verb "drehen" nicht-normale Eigenschaften zuweisen. Wer ein "krummes Ding" dreht, verstößt gegen Regeln und Gesetze, und wer eine Sache "überdreht", übertreibt auf unnormale Weise. Wem schwindelig ist, bei dem "dreht sich alles". Am besten ist die Redensart jedoch mit "durchdrehen" verwandt, die wohl genauso wie "am Rad drehen" den Verstand mit einem Rad vergleicht, das durch zu schnelles Drehen instabil wird und aus den Fugen gerät.
Eine weitere Deutung der heute dominierenden Bedeutung 1 bezieht sich auf den Kinofilm "Mad Max - Jenseits der Donnerkuppel" aus dem Jahr 1985. Das Endzeitspektakel spielt in einer Stadt, in der der Protagonist Max (Mel Gibson) eine Strafe erhält, weil er sich nicht an die Stadtregeln gehalten und bei einem Kampf seinen Gegner nicht getötet hat. Gemäß der Formel "Brich den Vertrag und du drehst am Rad" muss er das Schicksalsrad drehen, das seine Strafe bestimmt. Nachdem es auf "Gulag" stehen bleibt, wird er ohne Wasser und Nahrung aus der Stadt verbannt.
Die Redensart in Bedeutung 1 wurde etwa Ende der 1980er Jahre geläufig (was gut in die letztgenannte Deutung passt) und galt anfangs als Jugendsprache. Ein früher schriftlicher Beleg findet sich in der "Frankfurter Rundschau" vom 28.8.1998 Q: "Der 30 Jahre alte Wagner wirft Vogts gar 'Vettern-Wirtschaft' vor. Dreht der jetzt völlig am Rad, oder sind es die guten Pfälzer Kartoffeln, deren Nebenwirkungen nicht ausreichend getestet worden sind?"
Zur Symbolik des Rades siehe auch "unter die Räder kommen / geraten", "sich wie gerädert fühlen"
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