1. Eintrag:
ein armer Schlucker
Beispiele:
- Jack war ein armer Schlucker. Nichts hatte er je besessen, außer seinen uralten Queue, der auch hier und da seine Schrammen aufwies
- Es gibt sie also doch noch, die Geschichten von armen Schluckern, die nur durch ihre Musik zu weltbekannten Stars werden
- Wenn ein armer Schlucker sich der griechischen Antike verschrieb, konnte er nur Hungers sterben, denn er würde nicht einmal das Geld für einen Anzug verdienen, mit dem er das Podium betreten konnte, um einen Vortrag zu halten
- Etwa so alt wie die Armut selbst ist die fein ziselierte Lüge von ihrer Würde. Ihr zufolge ist ein armer Schlucker, der sich mit frisch gewaschener Serviette zum Hungern setzt, ein prachtvolles, gesellschaftlich vielversprechendes Kerlchen, während Leute, die vor Hunger Militärdepots stürmen, beim Würde-Test leider durchfallen und nachsitzen müssen
Ergänzungen / Herkunft:
Diese Geschichte ist aber nicht der Ursprung, denn den "armen Schlucker" gibt es schon im 16. Jahrhundert bei Hans Sachs:
Ich lauff da her üeber das felt,
Den Winter kalt ich hab kain gelt,
Wo solt ich armer schluecker naus
Den after winter halten haus? Q
Hans Sachs: Elf Fastnachtspiele aus den Jahren 1553 und 1554, Max Niemeyer, 1884, S. 84✗
Als "guten Schlucker" bezeichnete man im Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert jemanden, der die Freuden der Tafel und des Trinkens zu würdigen verstand, den Prasser und Schlemmer. Ein "armer Schlucker" war demnach jemand, der gierig auf Essen und Trinken ist, dann einer, der seinen Hunger aus Armut an fremden Tischen stillen muss bzw. alles Mögliche als Nahrung gebraucht. Aus dem engeren Bereich der Nahrungsaufnahme heraus führte dann die weitere Entwicklung der Redensart, die sich als allgemeiner Ausdruck für armselige Lebensführung und schlechte Behandlung einbürgerte. Dieselbe Entwicklung durchliefen die hier zugeordneten Redensarten mit dem Verb "schlucken" in Verbindung mit der Modalität des Müssens (vergleiche "etwas schlucken müssen")
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