1. Eintrag:
sich selbst der Nächste sein
Bedeutung:
Beispiele:
- Jeder ist sich selbst der Nächste
- "Jeder ist sich selbst der Nächste" statt "Frauen und Kinder zuerst" - so ließe sich das menschliche Verhalten bei Schiffskatastrophen umschreiben
- Was passiert, wenn tausende Menschen unfreiwillig auf engstem Raum unter schlimmsten Bedingungen miteinander leben müssen? Wie verändern sie sich? Ist sich dann wirklich jeder selbst der Nächste?
- Jeder ist sich selbst der Nächste, deshalb wollen auch Länder, die kassieren können, in die EU, wohingegen starke Länder wie z. B. die Schweiz und Norwegen nicht in die EU wollen
- Wenn es um das eigene Überleben geht, ist jeder sich selbst der Nächste, Solidarität und Zivilcourage spielen keine Rolle mehr
Ergänzungen / Herkunft:
Das Sprichwort "Jeder ist sich selbst der Nächste" wird entweder als ernüchternde Aussage über den menschlichen Eigennutz gebraucht oder als Rechtfertigung des eigenen egoistischen Handelns. Kein Wunder also, dass es oft kritisiert wurde. Schon 1716 zählt Schamelius es zu den Sprichwörtern und Maximen, "welche zum Deckel der Sünde, oder gemeiner Irrthümer vorgeschützet werden".
Seiler Q dagegen sieht das großzügiger und zählt das Sprichwort zu den "Schelmenworten": "Darunter verstehe ich nicht solche Sprichwörter, die zur Beschönigung unmoralischen Handelns, zur Bemäntelung des Egoismus, Eigennutzes und Leichtsinnes gebraucht werden können und deswegen von den Moralisten getadelt zu werden pflegen, die aber von Hause aus nur Lehren der Lebensklugheit und Bekanntschaft mit dem Weltlauf vermitteln wollen, also ursprünglich harmlos gemeint sind".
Das Sprichwort besitzt keine erzieherische Tendenz, sondern zeigt eine menschliche Erfahrung auf und wird - wie bei Sprichwörtern üblich - dann aufgeführt, wenn es eben passt. Das widerspricht nicht der Tatsache, dass es auch Beispiele menschlicher Solidarität und Hilfsbereitschaft gibt.
Siehe auch "jemandem nahegehen"
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