1. Eintrag:
sich / sein Leben wegwerfen / wegschmeißen
Bedeutung:
Beispiele:
- "Du hast viele Chancen gehabt und keine genutzt", bedauerte der Richter. "Es ist wirklich eine Tragödie, dass Du in deinem Alter dein Leben schon so weggeworfen hast"
- Ich bin 21 und habe mehrere Freunde, die ihr Leben wegschmeißen, weil sie WOW zocken und davon nicht wegkommen
- Auch seine Töchter Ljudmila und Katja erfassen, ähnlich wie ihr Vater, die Wirklichkeit nicht mehr, werfen sich weg, spinnen sich ein
- Du hast doch Kinder, wirf dich nicht weg!
- Karl Jaspers (1883-1969), Psychiater und Existenzphilosoph und mehr als vierzig Jahre in Heidelberg lebend, sagte einmal über seine Stadt, sie sei ein optimaler Nährboden für Sekten und seltsame Gruppen aller Art, er sprach 1922 vom "Sich-Wegwerfen an Kreise und Meister"
- Mein Mann wirft sein Leben weg für neue Liebe
Ergänzungen / Herkunft:
Das Verb wegwerfen - oder salopper: wegschmeißen - bedeutet: sich einer Sache entledigen, etwas in den Müll werfen. Eng verknüpft ist damit natürlich der Aspekt der Wertlosigkeit, der Nichtbeachtung, Geringschätzung oder gar Verachtung, der insbesondere dann zum Tragen kommt, wenn es auf den Menschen bezogen wird. Schon bei Martin Luther, der bekannt für seine derbe Sprache war, finden wir diese Verwendung. So äußerte er sich 1530 abfällig über Prediger, die "Gottes Gebot verachten": "... also sol er auch verachtet und weg geworffen werden" Q.
Auch der reflexive Gebrauch (sich) ist schon sehr früh anzutreffen Q, wobei die Schwerpunkte der Grundbedeutungen (nicht auf sich achten, seine Würde / Ehre / Stellung aufs Spiel setzen, sich schlechter Handlungen schuldig machen) von den jeweils geltenden gesellschaftlichen Normen abhingen. So überwog früher der Aspekt der Demütigung. 1785 heißt es z. B. bei Iffland: "... man muß Leuten von Distinktion (Wertschätzung, Anm.) mit Ehrfurcht begegnen - aber ohne sich wegzuwerfen" Q. Im Sinne der Erniedrigung gab es den Ausdruck auch im Bereich der Politik Q
z. B. Neue Rheinische Zeitung, Köln, Nr. 97 08.09.1848 S. 3 und Nr. 250 20.03.1849 S. 3✗
Heute bezieht sich die Redewendung meist auf Fragen der eigenen Lebensgestaltung: Wer sich oder sein Leben wegwirft, verbringt sein Leben unnütz, ohne Ziel und Sinn, verzichtet z. B. auf eine Ausbildung, wird kriminell, drogensüchtig u. ä.
Näher am wörtlichen Sinn sind zwei weitere Bedeutungen: Selbstmord begehen oder ein anderes Leben beginnen.
Die Redensart ist nicht zu verwechseln mit "sich (vor Lachen) wegwerfen / wegschmeißen"
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